2 Frauen - 3 mal durch den Bauch geboren - 3 Erfahrungen
Zur positiven Einstimmung auf einen Kaiserschnitt - geplant oder ungeplant.
Wir sind der Meinung, es gibt noch immer viel zu wenig (positive) Erfahrungsberichte zu Geburten durch den Bauch. Wir haben 3 ganz unterschiedliche Erfahrungen mit unseren Kaiserschnitten gemacht. Wer sich auf einen geplanten Kaiserschnitt vorbereitet oder die Option Kaiserschnitt zumindest mal durchdenken möchte, darf gerne weiterlesen. Unsere ganz persönlichen Erfahrungen. Wir erzählen euch, wie es uns erging und geben euch unsere besten Tipps mit auf den Weg.Geplante Kaiserschnitt mit Zwillingen | Jenny
Ich bin ein Kaiserschnittbaby und meine Schwester auch. Geburt war bei mir, seitdem ich denken kann, mit OP und Ärzt*innen verknüpft. Als ich mit meinen Zwillingen schwanger wurde, war die Geburt schon im ersten Trimester Thema. Ich las mich ein und diskutierte mit meinem Gynäkologen schon vor dem 2. Screening über meine Möglichkeiten. Recht früh zeichnete sich ab, dass der führende (unten liegende) Zwilling kleiner war und die kleine Maus ihren Po fest in mein Becken drückte (wohl um ihrer Schwester Platz zu machen). Ein geplanter Kaiserschnitt war sehr früh der Plan meines Gynäkologen, er konnte es in guter Belegarzt-Manier wohl kaum erwarten, einen “Termin” in seinen Kalender einzutragen. Kam für mich nicht in die Tüte! Ich hatte Vertrauen, dass sich der untere Zwilling doch noch richtig einstellen würden (Kopf nach unten). Dem war leider nicht so und so machten wir (so spät wie nur möglich) einen Termin für die Sectio, die 4 Tage später stattfinden sollte. Ich würde also eine Kaiserschnitt-Mama werden. Nachdem ich mich ja quasi schon meine ganze Schwangerschaft mit dem Gedanken auseinandersetzen konnte, schloss ich meinen Frieden damit, dass dies der Weg sein wäre, mit dem meine Babys das Licht der Welt erblicken würden. Ab da überwog die Aufregung und pure Vorfreude auf meine Mädels. Unser großes Glück: unsere Hebamme würde uns nicht nur im Wochenbett betreuen, sondern auch beim Kaiserschnitt anwesend sein. So erklärte sie uns, wie die OP ablaufen würde, wie die Räumlichkeiten aussehen und welche Punkte ich aktiv mitgestalten könnte. Dienstag, Punkt 7 laufen wir also in die Klinik, direkt in den Kreißsaal. Umziehen, vorbereiten. Nochmal ab ans CT, kleines Vorgespräch und Ultraschall. Durchgeführt von 2 unsicheren Ärztinnen in Ausbildung - die meine Babys so lange schallten, bis das CTG Wehen anzeigte und meine Hebamme die beiden dem Zimmer verwies. Meine Aufregung stieg und auch die meiner Babys. Gezappel in meinem Bauch. Sie merken, etwas war anders. Ich fand es schön, dass sie wach waren und meine Aufregung auf sie übersprang. Das gab mir das Gefühl, wir würden sie nicht ganz unvorbereitet da raus holen. Es ging los. Ich wurde nach oben geschoben, rein in den OP. Gute Atmosphäre, nettes Personal und ein Blick über Heidelberg, die Sonne strahlte und ich unterdrückte Aufregung, Übelkeit und meinen schwachen Kreislauf. Die Epidural saß sofort, Beine wurden taub und dann ging alles ganz schnell. Innerhalb von 2 Minuten war der Vorhang gehisst und das Team versammelt. Ein großes Team, ganz normal bei einer Zwillingsgeburt. Ich versuchte, den Trubel auszublenden. Meine Hebamme an meiner Seite. Die ganze Zeit. Mein Mann kam dazu. Es konnte losgehen. Der Arzt kam herein, gut gelaunt. Ich wollte, dass er mir jeden Schritt erklärt. Und das tat er. Komisches Gefühl, zu sehen was sie taten aber nichts zu spüren. Meine eine Hand hielt meinen Mann fest, meine andere Hand legte ich auf meine oben liegenden Zwilling. Zappeln. Ich streichelte sie und redete ihr gut zu, erklärte ihr was da gerade passiert. Bald würden wir uns sehen. Es dauerte keine 3 Minuten, da war meine erste Tochter geboren. Eine Minute später, meine Zweite. Ich schubste sie mit meiner Hand “auf die Welt”. Sie waren da, geboren bei 37+4. Die Geburt durch und durch selbstbestimmt und aktiv mitgestaltet. Meine Meinung war wichtig. Mein Wünsche wurden gehört und im möglichen Rahmen umgesetzt. Es war ursprünglich nicht der Weg, den ich mir für die Geburt meiner Kinder gewünscht habe. Aber es ist unsere Geschichte und eine schönere Geburt durch den Bauch hätte ich mir nicht ansatzweise wünschen können.Meine Tipps:
# Sprecht mit eurer Hebamme, beim Vorstellungsgespräch in der Klinik und/oder der*m Gynäkologe*in im Vorfeld über die Geburt, den Ablauf der OP und eurem Mitgestaltungsmöglichkeiten (z.B Hypnose, Kopfhörer im OP, Aromaöle während der Geburt, Kaisergeburt, Fensterkaiserschnitt). Wissen ist Empowerment und eine aktive Mitgestaltung die Basis für eine selbstbestimmte Geburt.
# Sprecht vor und während der OP mit eurem Baby. Erklärt ihm, wie es zur Welt kommt und was während der OP passiert. Kitzelt es und weckt es auf, bevor ihr in den OP geht, sodass es sich auf seine Reise zumindest etwas vorbereiten kann.
# Mir hat es geholfen zu wissen, was im OP passiert. Ich habe den Arzt und die Hebamme gebeten, mir jeden Schritt zu erklären. Das hat mir geholfen einzuordnen, wie lange es noch dauert, bis mein Baby bei mir ist. Das ist aber absolut Typsache.
# Fragt, ob euer Baby während dem zunähen zum kuscheln bei euch bleiben kann. Heute ist das in den meisten OP´s Standard, vorausgesetzt Mama und Baby geht es gut. Und wenn euch das zu viel ist und ihr erstmal einen Moment braucht? Total ok. So war es bei mir. Mir waren 2 Babys auf der Brust einfach too much. Also durfte Papa kuscheln und ich bekam ein wenig Zeit (und Sauerstoff) um erstmal anzukommen und klarzukommen. Schließlich ist gerade was total Krasses passiert.
Ungeplante Kaiserschnitt ohne Erwartung | Liv
Ich hatte mich gute auf die Geburt vorbereitet, hatte aber auch die Einstellung, dass mein Körper weis, was er machen soll und wenn ich Probleme kriegen würde, würde ich Hilfe bekommen. Die erste Wehen zuhause waren super und ich hatte das Gefühl, dass ich alles schaffen konnte. Beim Übergang zur Klinik lief dann leider alles schief. Ich hatte die Hebamme aus der Hölle (sorry to say), sie hat mich überhaupt nicht unterstützt, sondern mir ein schlechtes Gefühl gegeben und mich entmutigt. Sogar ein “du machst das Falsch!” fiel in meine Richtung. Hmmm.. So habe ich mich leider von der ersten Minute an in der Klinik nicht Wohl gefühlt und auch meinem Sohn ging es nicht gut - bei jeder Wehe sind seine Herztöne nach unten gegangen. Obwohl es sich jedes mal schnell stabilisiert hat, hat es mir Sorgen bereitet. Nach viel zu vielen Wehen, Wehenstürme gefolgt von einer PDA, waren ich und mein Sohn leider fix und fertig. Die Ärztin (wunderbare Ärztin, die mich super unterstützt hat!) entschied dann, dass es jetzt Zeit für einen Kaiserschnitt war.
Der Kaiserschnitt ging nach der Entscheidung ziemlich schnell (ca. 20 min nach der Entscheidung war mein Sohn da). Weil ich schon eine PDA hatte, ermöglichte der Zugang eine schnelle Narkose. Endlich Pause von den Wehen. Die unglaublich liebe Anästhesistin hat mein Baby gestreichelt, mir den Bauch gehalten und endlich hat jemand mir geholfen. Alle im OP waren unfassbar lieb und ich habe mich sehr gut aufgehoben gefühlt. Und trotzdem war mein Körper im Schock: Mein Adrenalinspiegel war so hoch, dass ich nach der OP unkontrolliert gezittert und gespuckt habe. Sowohl mein Körper, als auch mein Geist waren von den Erlebnissen komplett geflashed und ich fand es im Nachhinein sehr schwer zu begreifen, dass ich geboren habe. Für mich hat es sich eher angefühlt, als hätte ich nicht “richtig geboren”. Es war für mich nicht begreifbar, dass mein Kind durch die große Narbe aus meinem Bauch geboren wurde.
Es gab kein Nachgespräch und auch in den Wochen nach der Geburt hat niemand mit mir über meine Gedanken gesprochen. Ich hatte leider keine Nachsorgehebamme. Erst als wir umgezogen sind und ich nach 1.5 Jahren bei einer neuen Frauenärztin war, fand ich ein offenes Ohr. Sie konnte mir natürlich nichts über den Verlauf sagen und was schiefgegangen war, aber sie hat mir zugehört und endlich konnte die Ängste und Gedanken rund um die Geburt meines Sohns auf den richtigen Platz im Regal stellen. Lange konnte ich meine Narbe nicht anfassen. Als Typ bin ich kein Fan von Tattoos, finde meinen Körper soll “rein sein”. Jetzt war da plötzlich diese unglaublich großen Narbe auf meinem Bauch und die war mir so fremd. Ich berührte deswegen meine Narbe lange nicht. Sie war langen taub und hat mir Probleme bereitet. Erst nach der Besprechung mit meiner neuen Frauenärztin habe ich angefangen meine Narbe zu berühren, zu massieren und es auch bei einem Osteopathen behandeln lassen. Das hat mir sehr dabei geholfen, die Geburt meines Sohns so zu akzeptieren und stolz auf meine Leistung zu sein.
Ungeplanter Kaiserschnitt mit Erfahrungen | Liv
Mein zweite Geburt war ganz anderes als die Erste. Ich wollte unbedingt eine vaginale Geburt haben und hatte mich deswegen gut vorbereitet, einen Beleghebamme ausgesucht (keine Hebamme aus der Hölle dieses Mal!) und im Vorfeld viel mit der Klinik gesprochen. Sie kannten meine Wünschen, aber wir haben auch darüber gesprochen, dass wenn es nicht klappen sollten, dann hatte ich alles gegeben und es wäre dann nicht meine Schuld. Das hat mir sehr viel Ruhe und Sicherheit gegeben. Der Plan war klar, aber Geburten sind nicht planbar und damit war ich absolut einverstanden.
Es sollte anders kommen. Der kleine Mann (der am Ende gar nicht klein war) wollte einfach nicht raus und nach 8 Tagen über ET, Akupunktur, 3 Eipollösungen, Datteln essen und und und hatten meine Ärzte mir ausdrücklich empfohlen, einzuleiten. Weil ich schon eine Kaiserschnitt hatte, habe ich Prostaglandin in Gelform gekriegt. Das hat kleine Wehen ausgelöst, die aber wieder weggegangen sind. Nach 2 Einleitungsversuchen wollte ich eine Pause und nachts gingen die Wehen dann von alleine los. Schon nach 30 Minuten waren die Wehen regelmäßig mit 4 Minuten Abstand und sehr sehr kräftig. Ich hatte auch dieses Mal wieder Wehenstürme, aber vor allem das Gefühl, dass etwas falsch lief. Die Wehen haben zu nix geführt, ich war kein einzigen Zentimeter offen und jede Wehe hat einzig und allein in meiner Narbe weh getan. Ein Messerstich in meiner Narbe mit jeder Wehe. Ich versuchte mich zu beruhigen und mit den Wehen zu arbeiten, aber es war unerträglich. Meine Hebamme hat einen mega Job gemacht. Sie hat mein Mann super geleitet, hat ihn integriert und ihm gezeigt, wie er mich am besten unterstützen konnte. Das hat mich sehr beruhigt. Nach 3-4 Stunden fanden die Ärzte aber, dass es zu heftig war und sich die Geburt nicht wie gewünscht entwickelte. Die Schmerzen in der Narbe bereiten ihnen und mir große Sorgen und deshalb entschieden wir gemeinsam, dass der Zeitpunkt für einen Kaiserschnitt gekommen war. Es fühlte sich absolut richtig an.
Auch dieses Mal waren im OP alle unfassbar nett. Die Anästhesistin, die Krankenschwestern, meine Beleghebamme, der Operateur! Alle haben mir geholfen und mein Mann und ich haben uns richtig umarmt gefühlt. Die Entscheidung für den Kaiserschnitt war auf jeden Fall die Richtige. Meine Narbe war “papierdünn”, erfuhr ich im nachhinein. Die Tagen nach der OP war ich viel ruhiger, hatte eigentlich ganz wenig Schmerzen (Paracetamol als einzige Schmerzmittel) und konnte meine Tochter von Anfang an tragen und wickeln. Auch zu meiner Narbe hatte ich dieses Mal ein ganz anderes Verhältnis: Ich konnte sie von Anfang an berühren, nach der Heilung massieren und war (und bin nach wie vor) sehr stolz, dass meine beiden Kindern durch den “Notausgang” geboren wurden, weil ich alles für sie alles gegeben habe!
Mein besten Tipps:
# Versuch bei deiner Geburtsvorbereitung offen zu bleiben und versteife dich nicht auf einen Plan. Ein Geburt ist nicht planbar und es kann sein, dass alles ganz anders als gedacht läuft. Das hat bei mir bei meiner ersten Geburt zu einer großen Enttäuschung geführt.
# Du kannst vor der Geburt schon die Papierarbeit fertig machen, dann musst du dir nicht mit Wehen und unter Geburt die Risiken eines Kaiserschnitts anhören (ist es keine Not-Sectio, müssen sie dich über alles aufklären - von Narbe über Sterbewahrscheinlichkeit). Als die Entscheidung getroffen war, wollte ich einfach so schnell wie möglich los.
# Eine gute Atmung kann dich auch bei der OP unterstützen. Wenn du aufgeregt bist oder sogar Angst hast, hilft die Atmung ungemein. Es beruhigt dich, hilft dir Kontrolle in einer unkontrollierbaren Situation zu bewahren und gibt dir einen Fokuspunkt.
# Freunde dich mit deiner Narbe an und berühre sie. Deine Narbe ist am Anfang taub und kann sich ganz komische anfühlen. Berühre sie trotzdem, egal ob sich dein Kaiserschnitt wie ein Traum oder eine Trauma anfühlt. Die Nerven wurden durchtrennt und Berührung hilft, dass dein Kopf und Körper wieder miteinander in Verbindung kommen.
Wir hoffen sehr, dass unsere Geburtserfahrung dich ermutigen und dir zeigen, dass ein Kaiserschnitt, egal ob geplant oder ungeplant ein sehr positives und selbstbestimmtes Erlebnis sein kann. Zweifel darüber, nicht “richtig” geboren zu haben sind ganz normal und gehören dazu. Du bist nicht allein damit. Deine Hebamme oder Gynäkologe*in sind gute Ansprechpartner, wenn dich die Situation belastet.
Alles Liebe für dich, xx Jenny & Liv