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Artikel: Intimgesundheit während Schwangerschaft & Stillzeit

Intimgesundheit während Schwangerschaft & Stillzeit
Schwangerschaft

Intimgesundheit während Schwangerschaft & Stillzeit

Die weibliche Intimregion ist ein kleines Wunder an Anpassungsfähigkeit. Während der Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit verändert sich dort so viel wie kaum in einem anderen Lebensabschnitt – hormonell, mikrobiologisch und emotional. Viele Frauen spüren: „Irgendwie ist da unten alles anders.“ Und das ist normal. Wir informieren dich über die die physiologischen Zusammenhänge. Das hilft, Veränderungen einzuordnen und gut für sich zu sorgen.

Hormone in Bewegung – was in deinem Körper passiert

Während der Schwangerschaft steigen die Hormone Östrogen und Progesteron stark an. Das sorgt nicht nur für eine bessere Durchblutung der Schleimhäute, sondern auch dafür, dass mehr Glykogen in den Vaginalzellen gespeichert wird. Dieses Glykogen dient Laktobazillen – den „guten“ Milchsäurebakterien – als Nährstoffquelle. Sie produzieren Milchsäure, wodurch der pH-Wert der Vagina im gesunden Gleichgewicht bleibt (ca. 3,8–4,4). Dieser saure Schutzmantel ist entscheidend: Er hält krankmachende Keime in Schach und unterstützt das natürliche Gleichgewicht der Scheidenflora. Nach der Geburt jedoch verändert sich das hormonelle Gleichgewicht abrupt. Mit dem Abfall des Östrogenspiegels, verstärkt durch das Stillhormon Prolaktin, wird die Schleimhaut dünner, empfindlicher und trockener. Das ist ein völlig natürlicher Prozess, den aber viele Frauen als unangenehm empfinden. Typische Begleiterscheinungen sind: Trockenheit und Spannungsgefühl, Brennen oder Jucken, Schmerzen beim Sex (Dyspareunie) oder gelegentlich ein erhöhter pH-Wert.

Die Scheidenflora – dein inneres Schutzsystem

Die Vaginalflora ist ein fein abgestimmtes Ökosystem. Während der Schwangerschaft überwiegen meist Laktobazillen, die Milchsäure produzieren und die Flora stabilisieren. Dadurch sinkt das Risiko für Infektionen. Nach der Geburt und besonders in der Stillzeit ändert sich dieses Gleichgewicht: Durch den niedrigen Östrogenspiegel verringert sich die Zahl der Laktobazillen, während andere, weniger nützliche Bakterien zunehmen können. Der pH-Wert steigt leicht an, die Schleimhaut verliert an Feuchtigkeit – eine ideale Voraussetzung für Reizungen oder vaginale Trockenheit. Diese Veränderungen sind physiologisch, aber sie verdienen Aufmerksamkeit, um Infektionen vorzubeugen und das Wohlbefinden zu erhalten.

Was du tun kannst – sanfte Pflege & wirksame Unterstützung

1. Sanfte Reinigung statt „Over-Cleaning“

Die Basis für eine gesunde Vaginalflora ist eine sanfte, zurückhaltende Intimpflege. Verwende nur lauwarmes Wasser oder eine milde, pH-neutrale Intimwaschlotion. Verzichte auf Shampoo, Seifen oder parfümierte Produkte. Trage atmungsaktive Baumwollwäsche, wechsle Feuchtigkeit regelmäßig (z. B. bei Wochenbett-Binden). Ziel ist nicht, „sauberer“ zu werden, sondern das natürliche Gleichgewicht der Haut und Schleimhaut zu bewahren.

2. Feuchtigkeit spenden

Wenn Trockenheit spürbar wird, helfen vaginale Feuchtigkeitsgels mit Hyaluronsäure.
Sie binden Wasser, fördern die Regeneration der Schleimhaut und sind hormonfrei – also auch in Schwangerschaft und Stillzeit gut geeignet. Studien zeigen, dass Hyaluronsäure bei vaginaler Atrophie eine vergleichbare Wirkung wie niedrig dosiertes Estriol haben kann.

3. Gleitmittel beim Sex

Wenn Sexualität nach der Geburt wieder Thema wird, kann ein geeignetes Gleitgel helfen. Achte darauf, dass es:

  • einen pH-Wert zwischen 4 und 5 hat

  • eine Osmolalität unter 1200 mOsm/kg aufweist (WHO-Empfehlung)

  • möglichst frei von Glycerin und Duftstoffen ist, um Reizungen und Pilzinfektionen vorzubeugen

(Quelle: World Health Organization, 2012 – Guidelines on Use of Personal Lubricants)

4. Probiotika – Unterstützung von innen

Bestimmte probiotische Laktobazillen (L. rhamnosus GR-1, L. reuteri RC-14) können helfen, die Vaginalflora nach Antibiotikatherapie oder Infektionen zu stabilisieren. Sie gelten in Schwangerschaft und Stillzeit als sicher, die Studienlage ist jedoch uneinheitlich. Fazit: Kein Muss, aber eine mögliche Ergänzung bei wiederkehrenden Beschwerden. Bitte hier Rücksprache mit deiner Hebamme oder Frauenärzt*in halten.

(Quelle: Falagas ME et al., Clin Microbiol Rev. 2007; Reid G et al., Cochrane Database 2018)

5. Lokales Östrogen – wenn nichts anderes hilft

Bei ausgeprägter Trockenheit oder Schmerzen kann ein niedrig dosiertes lokales Estriol- oder Estradiolpräparat erwogen werden. In der Stillzeit ist dies nach ärztlicher Rücksprache möglich, da die Aufnahme in den Blutkreislauf minimal bleibt. Wichtig: Nur anwenden, wenn Geburtswunden vollständig verheilt sind.

(Quelle: Hale TW, Medications and Mothers’ Milk 2024; NICE Guideline NG23 (2023))

Intimbeschwerden erkennen & richtig handeln

Folgende Symptome sollten ärztlich abgeklärt werden. Gerade in der Schwangerschaft können unbehandelte Infektionen aufsteigen und Komplikationen verursachen – deshalb gilt: lieber einmal zu viel kontrollieren als zu wenig.

  • anhaltendes Brennen oder Jucken

  • auffälliger, übelriechender oder verfärbter Ausfluss

  • Schmerzen beim Wasserlassen

  • Blutungen außerhalb des Wochenflusses

  • Schmerzen beim Sex trotz ausreichender Feuchtigkeitspflege

Ganzheitlich denken – Intimgesundheit beginnt im Alltag

Intimgesundheit hängt nicht nur von Pflege ab, sondern auch von Lebensstilfaktoren.

  • Ausreichend trinken: Flüssigkeit hält Schleimhäute feucht

  • Ballaststoffreiche, probiotische Ernährung: fördert gesunde Bakterienvielfalt

  • Regelmäßige Bewegung: unterstützt Durchblutung und Beckenboden

  • Stressreduktion: hohe Cortisolwerte können Schleimhäute empfindlicher machen

(Quelle: Brotman RM et al., Nat Rev Microbiol. 2022)

Die Veränderungen im Intimbereich während Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit sind Ausdruck deiner hormonellen und körperlichen Anpassung. Sie sind kein Zeichen von Schwäche, sondern von biologischer Intelligenz. Wenn du weißt, was in deinem Körper passiert, kannst du gezielt unterstützen.

Quellen & Literatur:

  1. Brotman RM et al. The vaginal microbiome and its role in women’s health. Nat Rev Microbiol. 2022

  2. Falagas ME et al. Probiotics for the treatment of women with bacterial vaginosis. Clin Microbiol Rev. 2007

  3. Reid G et al. Probiotics for bacterial vaginosis. Cochrane Database Syst Rev. 2018

  4. Chen J et al. Efficacy of hyaluronic acid vaginal gel in the treatment of postmenopausal atrophy. Menopause. 2013

  5. Rogers RG et al. Nonhormonal treatments for vulvovaginal atrophy. J Sex Med. 2020

  6. World Health Organization. Advisory Note on the Use of Personal Lubricants. 2012

  7. Hale TW. Medications and Mothers’ Milk. 2024 Edition

  8. National Institute for Health and Care Excellence (NICE). Guideline NG23 – Menopause: diagnosis and management. 2023

  9. Beckmann MM et al. Perineal massage for reducing perineal trauma. Cochrane Database Syst Rev. 2013

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