GEBURTSBERICHT | JENNY & LOU

Positiver Geburtsbericht. Ein vaginale Geburt nach Kaiserschnitt. 42 Stunden harte Arbeit nach Blasensprung. 3 Wochen vor ET. Los gehts.

Der Geburtsbeginn. Die große Unbekannte. Ungewissheit, wie, wann und wo es losgeht. Geht total gegen mein Naturell. Ich bin Planerin und Organisatorin durch und durch und nicht zu wissen, wann mein Baby sich auf den Weg macht war natürlich spannend und aufregend, aber vor allem anstrengend. Die Wochen vor der Geburt lag ein leicht dumpfes Gefühl über meinem Alltag, jedes Ziehen hab ich auf die Goldwaage gelegt. Und ich merkte, wie ich zunehmend in mich ging, immer öfters. Um bei mir und dem Baby zu sein. Letztes Mal wars ein Kaiserschnitt, dieses Mal wünschte ich mir so sehr eine natürliche Geburt. Ich meldete mich für Kristins “Die friedliche Geburt” an und versuchte, mich in Hypnose zu üben und die Meditation mehr und mehr in meinen Alltag einzubauen. So richtig in die Hypnose fand ich nie, aber ich fühlte mich dadurch sehr bestärkt und voller Zuversicht.

Als ich dann aber plötzlich nachts, ganz unsaftsanft durch einen warmen Schwall zwischen meinen Beinen geweckt wurde, war ich hellwach. Ich lag neben meiner kleinen Tochter im Bett, traute mich nicht mich zu bewegen. Ich war in Schockstarre - nein bitte nicht jetzt. Sie durfte noch nicht kommen. Ich war nicht bereit. Geburtsvorbereitungskurs noch nicht fertig geguckt und auch nicht alle Mediationen meiner App gemacht. Und hatte nur 2 Stunden geschlafen. Denkbar schlechter Zeitpunkt, Baby. Alles um mich schlief friedlich. Mein Puls war auf 200. Mein Herz raste. Mein Baby im Bauch strampelte. Knock knock, Mama. Es geht los. Shit Blasensprung. Jenny, erinnere dich. Ok eins steht fest. Blasensprung - eine Möglichkeit für den Geburtsbeginn. Hat Kareen gesagt! Alle sagen, es ist nicht wie im Film. Wars bei mir aber. Auf dem Weg zur Toilette verlor ich gefühlt einen Liter Wasser. Alles war nass. Ich stopfte mir erstmal ein Handtuch zwischen die Beine, presste sie zusammen. So konnte mein Baby zumindest nicht gleich kommen. Oder doch? 

Dann weckte ich meinen Mann: “Schatz, meine Fruchtblase ist eben geplatzt”! Er dachte es wäre ein Scherz. Ich zitterte.

Ok, was macht man nochmal bei einem Blasensprung? Wir konnten beide nicht klar denken. Zum Glück ist Kareens Kurs in Kapitel unterteilt, da spulten wir nochmal hin. Blasensprung? Im Kreißsaal anrufen. Ok, ich wählte. Es ist nichts los, gemütlich fertig machen und kommen. Sagten sie. Die Uhr zeigte 4 Uhr. Meine Mama kam, ich duschte gemütlich. Blutschlieren im Wasser. Ok, davon habe ich gelesen. Es geht wohl wirklich los. Aber noch immer keine Wehe. War normal, wusste ich. Wir weckte die Großen um 6 und verabschiedeten uns. Ich wurde langsam nervös. In der Klinik erstmal ans CTG, alles gut. Keine Wehen, Baby gehts gut. Muttermund weich, aber noch zu. Ok, erstmal Familienzimmer organisieren. Tasche auspacken. Tief durchatmen!

Und jetzt? Wir warten auf die Wehen. So ist der Plan. Sie lassen mir und meinem Körper 36 Stunden Zeit. Die erste Wehe kam um 11 Uhr und überrollte mich. Fuck! Das tut weh. Ok, was habe ich gelernt? Atmen. Konzentrieren. Lernen, mit den Wehen umzugehen. Einen Rhythmus finden. Zum Glück wussten wir von Kareen, wie sich gebären anhört. Alles normal. Alle 2 Stunden Kontrolle im Kreißsaal. Wehen sind regelmäßig aber mit großen Abständen. Am Muttermund tut sich nix. Wehen bleiben aus. Wir machen Akupunktur. Mein Körper reagiert. Die Wehen kommen wieder. Ich versuche mich mit Hypnose. Klappt aber nicht. Ich bin konzentriert, kann aber mich aber nicht davon frei machen, was um mich rum passiert. Muttermund bei 1 cm, es wird dunkel. Wir essen etwas, versuchen uns auszuruhen. Dann bekomme ich die erste Infusion wegen des Blasensprungs. Ab da alle 8 Stunden. In der Nacht will ich das erste Mal in die Wanne. Ich habe Glück, sie ist frei und im Kreißsaal nichts los. 3 Stunden richtig gute, intensive Wehenarbeit im Wasser. Mein Element. Ich groove mich ein und halte die Wehen gut aus. Die Wärme hilft enorm. Immer dabei mein Lavendelöl. Es beruhigte mich, gab mir Sicherheit und wirkte wie ein Schmerzmittel. Es war tatsächlich mein Anker. Mit runzeliger Haut stieg ich gegen Morgen aus der Wanne, total übermüdet und mit schwindenden Kräften. Kontrolle am CTG, im Kreißsaal in dem wir es uns gemütlich gemacht hatten. Im Liegen, auf der Seite. Mein Mann kuschelte hinter mich und wir dösten ein! Jetzt hatte ich wieder mehr Kraft, die Wehen waren leider weg.

Vaginale Untersuchung. Muttermund bei 4 cm. Ich dachte, es wäre ein Joke. Die ganze Nacht intensive Wehen für 3 ganze Zentimeter. Mein Belegarzt kam das erste Mal dazu, wir machten einen Plan. Sprachen über die Optionen, die es gab zur Schmerzlinderung wenn es mehr werden würde aber auch über die, die Geburt vorantreiben würden. Ich spürte, dass meine Kräfte schwinden würden. Aber: Ich fühlte mich gut unterstützt. Ich hatte Ruhe und Freiraum, von außen keinen Druck. Innerlich schon. Ich wusste, wegen meiner Kaiserschnittnarbe ist eine PDA keine Option. Ich war bereit, dass die Geburt volle Fahrt aufnahm. Wollte kraftvolle Wehen spüren. Aber die bleiben aus. Und ich konnte nichts tun.

Ich fragte nach einem Einlauf. Den machten wir auf dem Zimmer und ich war überrascht, wie wenig schlimm ich ihn fand. Ja sogar ganz angenehm. Jetzt war alles raus. Wehen kamen trotzdem nicht. Ich bekam die erste Ladung Oxytocin, ganz gering dosiert und hatte ein gutes Gefühl dabei. Man schickte uns spazieren. Wir sollten Gas geben, uns auspowern. Luft schlappen und Kreislauf in Schwung bringen. Und da draußen kamen sie, die starken Wehen. Immer wieder blieben wir stehen, ich fühlte mich beobachtet. Konnte mich nicht frei bewegen und auch nicht tönen, wie ich es wollte. Also zurück in den Kreißsaal. Starke Wehen, aber zu unregelmäßig. Wieder Wehentropf. Ich turnte erst an der Sprossenwand, dann an meinem Mann. Wehe um Wehe. Abhilfe brachte die Wärmeflasche und Massagen. Ich ließ nach und nach die Hüllen fallen, fühlte mich eingeengt von meine Klamotten. Muttermund 6 cm. Die Wehen waren kaum auszuhalten, trotz intensiver Atmung.

Ich war zu sehr im Außen. Wollte ins Wasser. Durfte nicht.

Wollte Schmerzlinderung. Probierte Lachgas. Kam gar nicht drauf klar. Ich fühlte mich wie auf einem Trip. Sank in den Wehenpausen willenlos zusammen. Nein, das fühlte sich nicht richtig an. PDA war jetzt wohl doch wieder eine Option, es gab eine, die man ganz leicht dosieren konnte. Ich lehnte ab. Spürte, dass ich es auch ohne schaffe. Bettelte die Hebamme an, in die Wanne zu dürfen. Und durfte. Endlich Wasser. Ja, das war genau das richtige. Ich groovte mich wieder ein, bewegte mich viel in der Wanne. Für Außenstehende wars wohl eher ein Wellenbecken. Ich versuchte zu visualisieren, wie jede Wehe mein Baby weiter nach unten drückt. Die Hebamme ließ mich machen und mein Mann wollte kurz was zu trinken holen. Ich spürte, dass eine Wehe kam. Ging in die Bewegung. Und schrie. Ok, etwas war anders. Ich konnte mein tönen, den Druck nach unten nicht mehr zurückhalten. Ich hatte das Gefühl, mein Baby kam. Fuck. Ausgerechnet jetzt niemand da. Ich zog am Notfallseil.

Rief nach Hilfe. Die Hebamme kam. Die Wehe ging. Kam wieder. Nächste Wehenpause, die Hebamme untersuchte mich und: tastete das Köpfchen. Aha, jetzt konnte ich auch mein tönen einordnen. Danke Kareen, genau so hast du es vorgemacht.

Ich durfte auch mal tasten. Wir konnten es nicht fassen. Das ging flott. 4 Zentimeter in einer halben Stunde! Die Magie des Wassers. Unglaublich. Da war sie, mein Baby. Auf dem Weg zu uns. Eben mal so richtig krass spürbar den Geburtskanal runtergerutscht. Was für ein einmaliges Gefühl. Ich machte weiter, lag aber nur in der Entspannungswanne. Sollte wechseln in die Gebärwanne. Aus versicherungstechnischen Gründen. Ernsthaft? Ich war doch fast am Ziel. Ok, Gebärwanne war fertig. Nächste Wehe abwarten und dann los. Wie ein Walross kroch ich aus der Wanne, schnell rüber in die andere Wanne. Guess what? Dort angekommen waren meine Wehen weg. Geburtsstillstand. Ihr Kopf zwischen meinen Beinen, so kurz vor dem Ziel. Ich versuchte, Wehen zu visualisieren. Mich zu konzentrieren. Zwei Wehen kamen. Aber zu schwach, ich fühlte, dass sie stärker sein müssten. Oxytocin in der Wanne war nicht erlaubt. NEIN. Ich konnte nichts tun. War frustriert, weil wir doch vorher schon auf der Zielgeraden waren. Da war der wieder, der Druck. Und die Enttäuschung weil ich wusste, in der Entspannungswanne hätte es nicht mehr lange gedauert.

Schichtwechsel. Neue Hebamme, zum Glück die erste von gestern. Gemeinsam gestartet, gemeinsam würden wir es beenden. Bisher war die kleine Maus erstaunlich entspannt geblieben angesichts der Lage, aber jetzt wurden die Herztöne auffällig. Wir hatten nicht mehr viel Zeit. Also, raus aus der Wanne. Mein Arzt kam dazu. Ich bekam Angst. Shit. Kein gutes Gefühl. Also rauf aufs Bett, ich war nass. Legte mich auf den Rücken. Es war kalt. Der Wehentropf lief. Jetzt musste es schnell gehen. Sie wickelten mich in Tücher, ich sollte auf den Rücken. Wollte ich vorher nie, jetzt war es mir egal. Ich folgte den Anweisungen. Mein Mann hielt mich in den Armen. Vor mir meine Hebamme und mein Arzt, der half von oben mit zuschieben. Ich presste, ohne richtige Wehen. Ich wusste, so sollte es sich nicht anfühlen. Egal, hauptsache sie kam. Jetzt. Raus. Ich merkte, dass meine Hebamme alles unter Kontrolle hatte. Wie sie meinen Damm massierte und einen ärztlichen Dammschnitt gekonnt abwendete. Ich war ihr so dankbar, sie machte es so gut.

Ich fühlte mich sicher, da wo ich war und spürte in all meiner Kraft, wie ich meine Tochter Lou zwar ohne Wehe, aber mit ganz viel Support meines Geburtteams auf die Welt schob. Und ich erinnere mich, dass ich bereits genau in diesem Augenblick dachte, dass ich noch nie in meinem Leben so etwas krass tolles erlebt habe. Diese unfassbar bestärkende Gefühl, das Empowerment in diesem Moment, meine ganze Weiblichkeit in ihrer Urgewalt. Die Strapazen, die Anstrengung, die Sorgen, die Machtlosigkeit, die Ungewissheit - ich habe jede Minute dieses Prozesses genossen. Die besten 42 Stunden meines Lebens. Wirklich. Geburt ist einfach zu krass! Unser Körper ein Wunder.

Nachwort: Für mich war eine gute Vorbereitung das A und O. Mein Mann und ich habe den wahnsinnig guten Geburtsvorbereitungskurs von Kareen Dannhauer besucht. Aller größte Empfehlung. Meine Kasse hat sogar den Großteil der Kosten übernommen. Die ganze Geburt über hat mich Kristin Graf begleitet. Ihre friedliche Geburt hat mir im Grunde all die Kraft und das Selbstbewusstsein gegeben, es zu schaffen und aus jedem tiefen Tal wieder eigenständig herauszukommen. Konzentration und Atmung, Visualisierung und positive Gedanken waren der Schlüssel für mich!

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